Eigentlich scheinen Katzen die Erfinder der perfekten Work-Life-Balance zu sein. Im Regelfall können sie stundenlang vor sich hin meditieren und schaffen es sogar im Schwanzumdrehen, auch ihre Besitzer in einen Zustand von Tiefenentspannung zu versetzen. So ist der Idealzustand. Aber es gibt Momente, in denen die Katze nervös wird und irgendwann regelrechte Stress-Symptome zeigt.
Vorausgeschickt sei, dass Miezi und Miezerich ebenso verschiedene Charaktere haben wie wir Menschen. Deswegen kann sich Stress bei jeder Katze anders äußern. Und auch das, was unsere vierbeinigen Mitbewohner als stressig empfinden, ist von Katze zu Katze unterschiedlich: Die eine Samtpfote leidet vielleicht an Einsamkeit. Sie sehnt sich nach einem Artgenossen zum Spielen. Die andere muss gerade den Zuzug einer neuen Katze verdauen und hätte ihren Menschen vielleicht viel lieber für sich alleine behalten. Aus diesem Grund kann auch schon mal Herrchens oder Frauchens neue Liebe für Unruhe sorgen – natürlich und vor allem, wenn ausgerechnet die- oder derjenige kein großer Katzen-Fan ist. Eifersucht ist bekanntlich auch bei Zweibeinern ein häufig anzutreffender Stressfaktor. Nervig ist es, wenn ihr Mensch kaum Zeit für Schmuseeinheiten hat, findet so manches Katzengeschöpf. Andere Stubentiger mögen lieber nicht angefasst werden und sitzen schon beim Gedanken daran auf dem obersten Regalbrett. Auch kein oder langweiliges Spielzeug kann Stress verursachen, ebenso wie Parasiten, Krankheiten oder falsche Nahrung.
Bitte, alles wie immer
Da Katzen Gewohnheitstiere sind, die Routine mögen, werden Abweichungen vom Alltagstrott häufig mit Unmut und manchmal gestresst begrüßt: Ein Umzug steht ganz oben auf Miezis „Mag-ich-gar-nicht“-Liste. Alles ist neu, sie muss sich komplett umorientieren und neu organisieren (und dann ist da noch dieser Freigänger, der plötzlich durchs Fenster glotzt und sie in Angst und Schrecken versetzt)! Manche Katzen reagieren sogar empfindlich, wenn umgeräumt wird oder eine Zimmerpflanze dazukommt. Das bedeutet nicht, dass Katzenhalter komplett die Finger von ihrer Einrichtung lassen müssen, aber es ist gut, im Hinterkopf zu behalten, dass Samtpfötchen oftmals etwas Zeit brauchen, um mit Neuerungen warm zu werden.
Stressfaktor Schall und Rauch
Überforderung, Frust, Anspannung – wieder kann sich jeder denken: Was mich stressen würde, ist auch für meine Katze anstrengend. Da die Tiere viel feinere Sinnesorgane haben als wir Menschen, bedeutet z. B. Lärm viel schneller für deine Katze Stress. Das kann laute Musik sein oder ein Küchengerät, Kindergeschrei oder ein heftiger Streit zwischen Zweibeinern. Genauso verhält es sich mit Gerüchen, von A wie ätherische Öle bis Z wie Zigarettenrauch. Stressig wird es für Katzen übrigens auch, wenn sie nicht genügend Platz haben, um auf kätzische Art unterwegs zu sein. Und natürlich nimmt der Tod von Mitmensch und -katze auch Miezi mit.
Stress erkannt, Stress verbannt
Da Katzen, wie bereits geschrieben, unterschiedliche Naturelle haben, ist erst einmal Fingerspitzengefühl und Beobachtungsgabe gefragt: Eine Katze im Stress zeigt nämlich ein verändertes Verhalten. Ungewöhnlicher Rückzug von sonst geselligen Tieren kann genau so eine Stressreaktion sein wie übermäßig aggressives Verhalten oder ruheloses Herumtigern von sonst eher zurückhaltenden Schnurrhaarträgern. Oft fällt auf, dass weniger oder nicht mehr geschnurrt oder gespielt wird. Auch Fauchen, Kratzen und Beißen sind Verhaltensweisen wenn deine Katze Stress hat. Viele suchen häufig das Katzenklo auf, haben Durchfall oder – wenn es noch schlimmer ist – hinterlassen ihren Dreck überall in der Wohnung, weil sie nicht mehr die Ruhe finden, sich für ihr Geschäft zurückzuziehen. Mit steigendem Stresspegel sendet Miezi immer deutlichere Signale: Miauen bis Schreien, Hecheln, Zittern und Erbrechen. Auch totale Appetitlosigkeit ist ein Ausdruck dafür, dass das Tier etwas belastet. Ein häufiges Phänomen bei Katzen ist das sogenannte Overgrooming, also ein übersteigertes Putzverhalten, das sogar zu kahlen Stellen führen kann. Grund hierfür ist die beruhigende Wirkung, die das Lecken auf Katzen hat – solange der Stressor aber nicht verschwindet, bringt auch die beste Beruhigungstaktik nichts.
So lässt sich Stress bei Katzen reduzieren
In den meisten Fällen sind Katzeneltern in der Lage, ihren gestressten Liebling zu beruhigen, indem sie einfach die Stressquelle finden und beseitigen. Oft kann auch der Tierarzt weiterhelfen (wobei der Besuch in der Praxis von den meisten Katzen auch als Abenteuer der schlechteren Art betrachtet wird). Darüberhinaus können leises Zureden und Streicheln helfen. Entspannend wirken auch sichere Verstecke und Rückzugsorte, die Herrchen und Frauchen für Miezi bauen können – und (wirklich wahr): Katzenkino in Form von einem Aquarium oder einem Vogelhaus vor dem Fenster. Zusätzlich kann mit Katzenpheromonen, z.B. von Feliway, gearbeitet werden, die auf Katzen wirken, wie auf uns ein Wellnessbad.
Auf keinen Fall sollte eine Katze in Not angeschrien oder auf den Arm gezwungen werden. Es bringt auch nichts, sie zu dem augenscheinlich harmlosen Gegenstand zu zerren, vor dem sie sich gerade fürchtet, um ihr zu zeigen, wie ungefährlich er ist – ein Wesen in Panik ist für sachliche Erklärungen meist nicht zugänglich.
Aber wer beachtet, dass Katzen sensible Geschöpfe sind, die leicht von Reizen überflutet werden können und behutsam an Neues herangeführt werden sollten, der wird ihnen kaum übermäßig auf ihre zarten Nerven gehen.